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Borderline-Persönlichkeitsstörung

Ursachen für emotionale Instabilität sind oft eine genetische Veranlagung und belastende Kindheitserfahrungen. Bei langanhaltender Ausprägung spricht man von einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung, auch Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) genannt.

Früher vs. heute

Früher galt die BPS als lebenslange Erkrankung, heute weiß man: Die Symptome nehmen oft mit dem Alter ab – auch ohne Therapie. Mit gezielter Behandlung bessern sie sich jedoch schneller. Häufig treten begleitende Erkrankungen auf, die den Leidensdruck und die Beeinträchtigungen zusätzlich verstärken. Dazu zählen z.B. eine ADHS, substanzbezogene Störungen und Depression.

Wie beeinträchtigt eine BPS das Fühlen, Denken und Handeln?

Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung erleben Gefühle sehr intensiv, wobei Emotionen wie Schuld, Angst oder Wut im Vordergrund stehen. Negative Beziehungserfahrungen in der Kindheit können zu Misstrauen und Unsicherheit führen. Häufig sind die selbst entwickelten Strategien langfristig wenig hilfreich oder gesund.

 

Bei einer BPS zeigen sich Probleme auf mehreren Ebenen:

Überlappungen und Unterschiede zwischen einer BPS und einer ADHS

Emotionsregulationsprobleme, wobei diese bei einer ADHS schwächer und eher als „ständige Bereitschaft“ vorhanden sind, während sie bei einer BPS plötzlich als Folge von emotionalem Stress auftreten. Bei Menschen mit einer BPS führen diese Schwierigkeiten oft zu selbstverletzendem Verhalten oder verzerrter Wahrnehmung. Beide erleben Leeregefühle, die jedoch unterschiedlich wahrgenommen werden: Menschen mit einer BPS verbinden sie mit der Angst vor dem Alleinsein, Menschen mit einer ADHS eher mit Langeweile oder Unausgefülltsein.

 

Menschen mit einer BPS…

haben in ihrer Kindheit oft emotionale und/oder körperliche Vernachlässigung erlebt

können in Beziehungen stark zwischen Distanz und Nähe, Abwertung und Idealisierung schwanken

führen oft intensive, stürmische Beziehungen und haben große Angst vor dem Verlassenwerden

neigen zu wiederholten suizidalen Handlungen und Drohungen; oft verletzen sie sich selbst

gehen Risiken vor allem ein, um sich selbst zu schädigen bzw. zu verletzen

erleben unter emotionalem Stress nicht selten Dissoziationen (Zeit, Raum- und Körperwahrnehmung sind verzerrt)

haben häufig Identitätsstörungen

sind in ihrer Aufmerksamkeit nur dann beeinträchtigt, wenn eine Situation emotional bedrohlich ist

gemeinsam adhs begegnen

Herausforderungen bei Komorbidität

Eine ADHS wird als Risikofaktor für die Entwicklung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung angesehen. Beim gleichzeitigen Auftreten beider Störungen ist beispielsweise das Risiko für eine Suchterkrankung höher, da Substanzen wie Alkohol und Cannabis sowohl bei einer ADHS als auch bei einer BPS eine reizfilternde bzw. emotional ausgleichende Wirkung haben.

 

Zudem sind Impulsivität, Selbstschädigung und zwischenmenschliche Konflikte bei dieser Doppel-Diagnose verstärkt. Es kann jedoch schwierig sein, die jeweils andere Störung zu identifizieren, da die Symptome überlappen.

THERAPIEMÖGLICHKEITEN BEI EINER ADHS UND/ODER EINER BPS

(Kognitive) Verhaltenstherapie

Die (kognitive) Verhaltenstherapie fokussiert sich auf das Hier und Jetzt sowie die nahe Zukunft. Sie hilft, problematische Verhaltensweisen zu erkennen und zu ändern, indem Gedanken analysiert und in hilfreiche Denkmuster umgewandelt werden, um Grübeleien und negative Spiralen zu durchbrechen.

Dialektisch-behaviorale Therapie (DBT)

Die dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) von Marsha Linehan, die in vielen Kliniken angeboten wird, besteht aus sieben Modulen: Hintergrundwissen, Skillstraining, Achtsamkeit, Stresstoleranz, Umgang mit Gefühlen, zwischenmenschliche Fertigkeiten und Selbstwert. Teile dieser Module werden auch im Fertigkeitentraining für Menschen mit einer ADHS verwendet. Das Konzept ist strukturiert und adressiert gezielt die Probleme bei einer ADHS, auch bei einer möglichen BPS.

Schematherapie

Die Schematherapie basiert auf der Annahme, dass negative Erlebens- und Verhaltensschemata in der Kindheit entstehen, wenn Grundbedürfnisse nicht erfüllt werden oder zu viel Kontrolle bzw. Verwöhnung stattfindet. Diese Schemata werden im Erwachsenenalter in ähnlichen Situationen aktiviert und führen zu problematischen Verhaltensweisen. Schematherapie hilft, intensiv an der Verbesserung der Selbstregulation und Selbstfürsorge zu arbeiten.

Achtsamkeitsbasierte Therapie

Achtsamkeitsbasierte Therapieansätze helfen dabei, mehr im Hier und Jetzt zu leben und die Wahrnehmung zu schulen. Der Betroffene lernt, nicht alles sofort zu bewerten oder in Kategorien wie „gut“ oder „schlecht“ einzuteilen. Stattdessen übt man, unvoreingenommener mit sich selbst, anderen Menschen oder bestimmten Situationen umzugehen und die Aufmerksamkeit bewusst auf den aktuellen Moment zu richten, ohne ständig zwischen Handlungen und Gedanken hin- und herzuspringen.

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Welche Therapieform passt?

Es ist wichtig, die individuell passende Therapieform sorgfältig auszuwählen, um den größtmöglichen Nutzen zu erzielen. Eine gute Therapeut-Patient-Beziehung spielt dabei eine entscheidende Rolle. Der Patient sollte sich beim Therapeuten wohl und aufgehoben fühlen. In der Regel bietet eine Einzeltherapie fünf Probesitzungen, in denen der Patient entscheiden kann, ob eine Fortführung der Therapie mit diesem Therapeuten sinnvoll erscheint. Das eigene Bauchgefühl sollte hierbei berücksichtigt werden.

Was können Sie bei einer BPS zusätzlich tun?

Es ist wichtig zu wissen, dass einiges dazu beigetragen werden kann, das eigene Wohlbefinden zu verbessern.

 

Die folgenden Tipps können dabei unterstützen, mehr Gelassenheit und innere Ausgeglichenheit zu entwickeln:

Gesunde und ausgewogene Ernährung: Energie für die Bewältigung alltäglicher Herausforderungen ist wichtig.

Ausreichend trinken (mind. 2 l/Tag): Mangelnde Flüssigkeit beeinträchtigt Konzentration und Leistungsfähigkeit, besonders bei BPS.

Sport und Bewegung: Fördert Gesundheit und reduziert Unruhe.

Tag-Nacht-Rhythmus: Regelmäßigkeit schafft Sicherheit und Ausgeglichenheit.

Schlaf: Gut erholt lassen sich neue Aufgaben besser bewältigen.

Ritualisierte Tagesstruktur: Vergesslichkeit und organisatorische Probleme lassen sich reduzieren.

Verzicht auf Alkohol und Drogen: Kurzfristige Entlastung kann die langfristigen negativen Folgen nicht ausgleichen.

Belohnungen: Kleine Auszeiten im Alltag können das Wohlbefinden fördern.

Über- und Unterstimulation vermeiden: Es ist wichtig, wohltuende Beziehungen zu pflegen und sich regelmäßig Auszeiten von digitalen Medien zu nehmen.

Verantwortung übernehmen: „Was man der Welt gibt, gibt die Welt zurück.“

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Tipps in der Krise

  1. Bei starkem emotionalem oder zwischenmenschlichem Stress kann eine psychiatrische Institutsambulanz, der sozialpsychiatrische Dienst oder der eigene Psychiater unterstützen.
  2. Im Krisenfall hilft ein sichtbarer Notizzettel mit wichtigen Kontaktpersonen und Telefonnummern.
  3. Ein persönlicher Notfallplan mit hilfreichen Schritten schafft Orientierung in belastenden Situationen.

Notfallliste für Ersthelfer, Ärzte und Krankenhaus

Auf der Notfallliste, die die Betroffenen stets bei sich tragen sollten, sollten neben dem Namen und der Adresse folgende Informationen stehen:

 

  • Namen, Adressen und Telefonnummern des behandelnden Arztes und von Personen, die im Notfall kontaktiert werden sollen
  • Diagnose(n) und verordnete Medikamente (inklusive Dosierung)
  • Medikamente, die man nicht bekommen sollte
  • die Information, dass eventuell vorhandene alte oder neue Verletzungen von der Borderline-Persönlichkeitsstörung kommen könnten
  • Dinge/Maßnahmen, die gut helfen

Patienteninformation

Borderline & ADHS

Die Patienteninformation erklärt verständlich die Zusammenhänge, zeigt Therapiemöglichkeiten und bietet praktische Tipps für den Alltag.

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